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Hauptsache Stadt: Warum es so viele Menschen in die „Schwarmstädte“ zieht

Schwarmstädte sind ein vergleichsweise junger Trend. Sie profitieren vom Wunsch vieler Menschen, die Vorzüge des Stadtlebens genießen zu können – aber ohne die hohen Kosten, die in den Metropolen warten. Doch was genau macht eine Schwarmstadt aus?

Das Leben in der (Groß-)Stadt

In den vergangenen Jahrzehnten hat es viele Menschen zurück in die Städte gezogen. Statt wie vorher sein Glück lieber an den Stadträndern, in den Vorstädten oder im Umland zu suchen, führte der Weg für viele mitten hinein ins Stadtleben.

Hamburg, Berlin, Köln, München – die deutschen Metropolen konnten sich lange über einen anhaltenden Einwohnerzuwachs freuen.

Bei allen Vorzügen, die ein Leben in der Stadt verspricht: Der enorme Zuzug stellt sich bis heute als echtes Problem für die Städte heraus. Aus verschiedenen Gründen:

  • Der verfügbare Platz in den Städten wurde nicht mehr, die Zahl der Singlehaushalte stieg aber weiter.

Die Folge: Wohnraummangel.

  • Wo kein Platz für neue Häuser und Wohnungen ist, muss eben umgebaut und modernisiert werden.

Die Folge: Steigende Mieten wegen steigender Nachfrage, frühere Bewohner werden nach und nach aus ihren alten Wohnungen verdrängt, weil sie bei den Preisen nicht mithalten können.

  • Umbau und Modernisierung machen die Städte aber auch attraktiver, also kommen noch mehr Menschen.

Die Folge: Die Situation verschärft sich weiter, Investoren steigen am städtischen Immobilienmarkt ein – und die Preise steigen immer höher.

Trotzdem nehmen viele Menschen die höheren Kosten für das Wohnen in Kauf, denn was sie suchen, finden sie (vermeintlich) nur hier: Das interessante, vielfältige und bunte Stadtleben mit all seinen Möglichkeiten.

Deshalb ziehen die Menschen in größerer Zahl in die Städte und Stadtteile, die genau das versprechen – eben dorthin, wo das Leben tobt.

Schwarmstädte – was ist das?

Das Interessante dabei ist: Es sind nicht ausschließlich die bekannten Metropolen, die sich über besonders viele neue Einwohner freuen können. Die Größe spielt zwar eine Rolle, ist aber letztendlich kein ausschlaggebender Faktor.

Die jungen Menschen zieht es auch längst nicht in alle Städte, sondern meistens nur ausgesuchte. Fakt ist, dass dadurch viele Großstädte sogar eher Einwohner verlieren oder nur für sehr wenige junge Leute zur neuen Heimat werden.

In anderen Städten wiederum kommen sie in regelrechten Schwärmen an. Das empirica-Institut hat deswegen 2013 den Begriff der „Schwarmstadt“ eingeführt.

Damit wird das Verhalten beschrieben, das sich bei der Wanderung unter den Menschen bis zu einem gewissen Alter beobachten lässt: Sie schwärmen in großer Zahl in bestimmte Städte.

Leipzig gehört zu den größeren deutschen Schwarmstädten.
Leipzig gehört zu den größeren deutschen Schwarmstädten.

Um es in die Kategorie Schwarmstadt zu schaffen, muss dieser Zuzug junger Leute einen bestimmten Wert erreichen. Laut Definition muss sich ein Geburtsjahrgang mindestens verdoppeln.

Auf jede Person, die zu einem bestimmten Geburtsjahrgang gehört, muss also mindestens eine weitere aus demselben Geburtsjahrgang zuziehen. Maßgeblich sind dabei die Menschen bis zu einem Alter von 35 Jahren.

Insgesamt gibt es inzwischen rund 40 Städte, auf die diese Rechnung zutrifft. Darunter sind durchaus prominente Namen: München und Leipzig etwa sind Schwarmstädte, aber eben auch Freiburg und Münster – der Name allein ist also nicht unbedingt ein entscheidendes Kriterium, um sich in einer Stadt niederzulassen.

Warum der Trend so spannend ist

Im Grunde genommen ist es keine Überraschung, dass junge Menschen in eine andere Stadt ziehen – im Gegenteil: Es entspricht dem allgemeinen Trend, nach dem es viele Menschen wieder mehr in die Städte treibt.

Das lässt sich bei Jungen wie Alten beobachten. Allerdings ist diese Umverteilung der Bewohner keineswegs gleichmäßig, denn vor allem beim Wachstum tun sich einige Regionen besonders hervor.

Dazu kommt, dass sich Schwarmverhalten auch nach den Altersklassen unterscheidet:

Ausbildungswanderung, Altersklasse 10-19 Jahre

In dieser Gruppe lässt sich eine besonders auffällige Umverteilung feststellen, aus naheliegenden Gründen: Der Weg führt von den Landkreisen hinein in die Städte, weil das Ausbildungsangebot hier deutlich besser ist. Das gilt vor allem die Städte, die über eine Hochschule und ausreichende Studienplätze verfügen.

Einen besonders großen Zuwachs in dieser Alterklasse verzeichnen daher, wenig überraschend, Städte wie Heidelberg, Würzburg, Jena, Dresden, Freiburg, Münster, Bayreuth, Passau, Darmstadt und Trier.

Berufsanfängerwanderung, Altersklasse 20-29 Jahre

Mit dem Hineinaltern in die nächste Altersklasse folgt für viele junge Menschen zugleich die nächste Wanderung: Für den ersten Job zieht es einen großen Teil einmal mehr in eine neue Stadt.

Daher verlieren gerade die kleineren Hochschulstädte, die von der Ausbildungswanderung am meisten profitieren. Zwar gewinnen die meisten Städte, die auch schon durch zugezogene Auszubildende und Studierende gewachsen sind, weiterhin Einwohner.

Für „reine“ Universitätsstädte zeichnet sich allerdings ein anderes Bild.

Unter Berufsanfängern bleiben Metropolen wie Berlin beliebte Ziele.
Unter Berufsanfängern bleiben Metropolen wie Berlin beliebte Ziele.

Sie verlieren in dieser Altersklasse einen erheblichen Anteil an die Metropolen: Frankfurt, Düsseldorf, Berlin, München, Köln, Stuttgart, Leipzig und Hamburg sind für junge Berufsanfänger besonders attraktiv.

Interessant hierbei: Anders als bei der Ausbildungswanderung, die ländliche Regionen eher schwächst, wandern nicht wenige Berufsanfänger auch wieder zurück in eben diese Regionen.

Insgesamt ist das Schwarmverhalten unter den Berufsanfängern noch einmal stärker ausgeprägt, als unter bei der Ausbildungswanderung.

Wanderungen der „Älteren“

Ab der Altersklasse der 30- bis 39-Jährigen ist dann schon wieder ein gegenläufiger Trend zu erkennen. Diese Gruppe wandert aus den Städten verstärkt ins Umland.

Das betrifft einmal mehr die Universitätsstädte besonders, ist aber auch allgemeinhin zu beobachten. Dieser Trend zieht sich dann bis zu den Senioren weiter fort. Das Schwärmen in die Städte ist also in erster Linie den jüngeren Generationen vorbehalten.

Die Gründe für das Schwarmverhalten

Zwei wichtige Gründe für das vergleichsweise junge Phänomen des Schwarmverhaltens jüngerer Menschen haben wir bereits genannt: die Ausbildung und die Jobsuche. Die beiden Faktoren erklären aber in erster Linie nur, warum die jüngeren Altersklassen ihre Heimat verlassen.

Die Frage ist allerdings, warum es sie in so großer Zahl in vergleichsweise wenige Städte zieht. Eine der Ursachen hierfür liegt ebenfalls im Alter.

In den Regionen, aus denen die jungen Leute stammen, sind sie inzwischen zu einer Minderheit geworden – eine Folge des demografischen Wandels.

Deshalb suchen sie eine Umgebung, in der sie Gleichaltrige antreffen können und finden eine solche Umgebung in den Schwarmstädten.

Tatsächlich ist die Dichte junger Menschen ein wichtiger Faktor bei der Auswahl eines neuen Wohnortes – und der Effekt ist selbstverstärkend. Je mehr junge Leute also bereits in einer Stadt wohnen, umso mehr ziehen sie andere an.

Dazu kommen weitere Merkmale, die ein Schwarmstadt attraktiv machen:

  • Arbeitsplätze. Je größer die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, desto größer sind die Chancen der Stadt auf einen Bevölkerungszuwachs unter den jüngeren Altersklassen. Pendeln ist dabei übrigens kein Problem. Das heißt, die Arbeitsstelle kann sich auch in der Umgebung einer Schwarmstadt finden, gewohnt wird trotzdem in der Stadt.
  • Vitalität und Urbanität. Interessant sind Städte, in denen das Leben tobt, wie es so schön heißt. Eine Grundvoraussetzung dafür ist die schon genannten Ansammlung von Gleichaltrigen. Daneben zählt ein vielfältiges Angebot, um die Freizeit zu gestalten: Kunst, Kultur, Gastronomie, Unterhaltung – es sollte sich etwas erleben lassen in einer Schwarmstadt.
  • Investitionen und Innovationen. Attraktiv wirken auch Städte, die sich zu erneuern wissen. Ausbau der (digitalen) Infrastruktur, Investitionen in den Stadtausbau oder das Schaffen günstiger Voraussetzungen für die Ansiedlung zukunftsfähiger Arbeitgeber – das sind einige der Stellschrauben, an denen nicht nur Schwarmstädte drehen können.

Diese Kriterien alleine erklären trotz allem nicht abschließend, warum sich das Schwarmverhalten auf einige wenige Städte beschränkt.

Denn längst nicht alle der jungen Schwarmstädte können in allen diesen Belangen die besten Bedingungen vorweisen. Abgesehen davon steuern die jungen Leute meistens gezielt bestimmte Stadtteile an.

Mit großer Wahrscheinlichkeit spielen als „weiche“ Faktoren eine Rolle:

  • Das Erscheinungsbild der Stadt, mit einem attraktiven öffentlichen Raum, der viele (Freizeit-)Möglichkeiten bietet. Die Bebauung als solche – etwa die mittelalterlichen, barocken oder gründerzeitlichen Stadtteile mit ihren typischen Gebäudeensembles – ist dabei wichtiger als einzelne Gebäude, die als Wahrzeichen bekannt sind.
  • Wasserlagen stehen ebenfalls hoch im Kurs, etwa bei den norddeutschen Schwarmstädten wie Kiel oder Hamburg.
  • Der jeweilige Ruf der Städte zieht ebenfalls bestimmte junge Menschen an. Denn jede der Schwarmstädte steht für einen Aspekt ganz besonders. Wer sich nach Kreativität und internationalem Flair sehnt, geht nach wie vor nach Berlin. Wer sich mondänes Lebensgefühl sucht, geht vermutlich nach München. So hat jede Schwarmstadt ihre einzigartige Besonderheit, die einen großen Reiz auswirkt.

Insgesamt ist es die gesamte Atmosphäre, die eine Stadt nach außen ausstrahlt – und die sie nach innen so lebenswert macht. Man muss sich hier wohlfühlen können, die Stadt muss zu einem passen, die eigenen Vorstellungen vom Leben widerspiegeln.

Die jungen Menschen möchten in diesen Städten ein Stück weit sich selbst wiederfinden und das gemeinsam mit anderen.

Das ist in vielen Fällen wichtig genug, um selbst die hohen Kosten für den Lebensunterhalt in Kauf zu nehmen.

München ist eine der Schwarmstädte in Deutschland
München ist eine der Schwarmstädte in Deutschland

Es ist nicht alles Gold, was glänzt

So anziehend die jungen Schwarmstädte sind, ganz unproblematisch ist das Phänomen auch nicht. Zum Beispiel sorgen sie dafür, dass in vielen Regionen der Anteil junger Menschen noch weiter schrumpft – im schlimmsten Fall vereinsamen diese Gebiete mit der Zeit, weil die verbliebene Bevölkerung zusehends wegstirbt.

Das ist nicht nur demografisch, sondern genauso wirtschaftlich eine ernstzunehmende Gefahr.

Auf der einen Seite entstehen durch das Schwarmverhalten in den Städten die bekannten Verhältnisse: Knapper Wohnraum, hohe Kosten, Konkurrenz um Arbeitsplätze. Andere Regionen hingegen verzeichnen Leerstände und schrumpfende Bevölkerungszahlen.

Die Frage ist also, was gegen die ungleiche Verteilung der Menschen zu tun ist – und ob es überhaupt Maßnahmen dagegen gibt. Zwei Ansatzpunkte gibt es in jedem Fall:

  • Auch außerhalb der Schwarmstädte müssen attraktive Lebens- und Wohnumgebungen geschaffen werden.

Das kann im Zuge des Städtebaus geschehen oder durch die Einrichtung öffentlicher Institutionen – die Zugkraft von Hochschulen etwa wurde ja mehr genannt. Für die Nicht-Schwarmstädte muss es darum gehen, ihrerseits einen Ruf aufzubauen, der sie einzigartig und interessant macht.

  • Die Aufwertung der Regionen und Städte muss sich an den bestehenden Verhältnissen orientieren.

Es wird kaum möglich sein, alle Regionen und Städte gleichmäßig aufzuwerten.

Daher müssen passende Lösungen für den Einzelfall gefunden werden: Etwa der Fokus auf die Zentren, die über eine Perspektive für einen Bevölkerungszuwachs verfügen.

Ein mögliches Rezept kann also darin bestehen, eine ähnliche Verdichtung von Wohnattraktivität und Nutzungsvielfalt zu erreichen, wie sie in den Schwarmstädten gesucht und gefunden wird.

Diese Regionen haben übrigens schon jetzt einen unschlagbaren Vorteil gegenüber den Schwarmstädten – sie bieten die deutlich niedrigeren Lebenshaltungskosten.

Vielleicht gibt das in einigen Fällen doch den Ausschlag, sich gegen das turbulente Stadtleben zu entscheiden und das Glück auf dem Land zu suchen. Denn auch das ist nicht die schlechteste Option.

Thomas Mücke

Thomas Mücke

Jahrgang 1975

Diplom Verwaltungswirt FH - Polizei

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Referenzen

  • 10 Jahre Kriminalpolizei im Dezernat Wirtschaftskriminalität
  • über 13 Jahre Erfahrung in der Kredit-Beratung
  • kennt persönlich die Geschäftsführer von Check24 Kredit, Smava, Finanzcheck, Bon Kredit, Maxda und Creditolo

Lebenslauf

Während seines Studiums startete Thomas Mücke als Geschäftsführer eines Investmentclubs. Seit nunmehr 13 Jahren ist er in der onlinebasierten Kredit-Beratung tätig und hat tausenden von Lesern helfen können. Seit Gründung der TM Internetmarketing GmbH konnten sich über die kredit-zeit.de und weitere Kredit-Portale bereits über 5 Millionen Leser informieren. Über 100.000 Kunden konnte zudem zu einer Kreditanfrage verholfen werden.