Beim Bauen spielen heutzutage Aspekte wie Wohngesundheit und ökologische Bauweisen eine immer größere Rolle. Statt den Giften früherer Tage oder Baustoffen, die nur mit hohem Energie- und Rohstoffverbrauch produziert werden können, gibt es deshalb heute eine Vielzahl an Materialien, die Ihnen und der Natur gut tun.
Größeres Umweltbewusstsein, niedrigere Preise
Bis in die Mitte des 20. Jahrhundert hinein waren Baumaterialien, die nicht aus natürlichen Stoffen gewonnen wurden, vergleichsweise selten anzutreffen.
Neue Möglichkeiten der industriellen Herstellung, neue Materialien – allen voran die vielfältigen und vielseitigen Kunststoffe – lösten seit dieser Zeit reine Natur-Baustoffe zunehmend ab.
Statt Ziegelsteinen aus tonhaltigem Lehm kommen seither beispielsweise zementgebundene Bims-Mauersteine, Kunstleim-verklebte Faserholzplatten und andere Verbundwerkstoffe zum Einsatz. Naturmaterialien werden chemisch behandelt – etwa mit Holzschutzmitteln -, um ihre Eigenschaften beim Bauen zu verbessern.
Dank Massenfertigung waren und sind solche Baustoffe günstig, aber nicht unbedingt für Gesundheit und Umwelt: Holzschutzmittel und Asbest zeigten die Kehrseite der industriellen Baustoffherstellung – und sorgten gleichzeitig für ein stärkeres Bewusstsein für verträgliche Materialien.
Der Trend hält bis heute an, die Nachfrage nach natürlichen Baustoffen ist so hoch wie nie. Das hat einerseits mit dem Wunsch nach einer gesunden Wohnumgebung zu tun, andererseits mit einem größeren Umweltbewusstsein: Im Idealfall sind Baustoffe heute nicht nur gut für das Wohlbefinden der Menschen, sondern auch nachhaltig gewonnen und schonen somit natürliche Ressourcen.
Entsprechend haben sich Angebot und Preise mittlerweile gewandelt. Ökologisch verträgliche Baustoffe sind in immer größerer Zahl und zu erschwinglichen Preisen erhältlich – und haben sich so als echte Alternative beim Bauen etabliert.
Wir zeigen Ihnen, in welchen Bereichen Sie natürliche Materialien optimal verbauen können.
Wann welche Instandhaltungen und Wartungen an einem bestehenden Haus anfallen, könne Sie in unserem speziellen Ratgeber Instandhaltung und Wartung nachlesen.
Der Rohbau: Wände und Co.
Wir beginnen damit, was sich als Gebäude-Grundsubstanz zusammenfassen lässt: Dem Skelett bzw. den Wänden und Decken.
Holz
Für den Dachstuhl ist Holz ohnehin eine gängige Wahl, inzwischen kommt es aber auch in anderen Gebäudeteilen zum Einsatz.
Möglich sind sogar gänzlich aus Holz gebaute Varianten: Ein Blockhaus können Sie dabei entweder im rustikalen Rundbalken-Stil oder mit schlichteren Vierkantbalken erhalten.
Auch Fertighäuser setzen vermehrt auf Holz, der jüngst so stark gestiegene Fertighaus-Anteil wäre ohne Holz undenkbar – mit der Holzständerbauweise kehrt man gewissermaßen zurück zu den Grundlagen des Fachwerkhauses, denn in beiden Fällen besteht das tragende System aus Holz.
Eine Belastung mit Chemikalien muss dabei kein Bauherr mehr fürchten: Konstruktiver Holzschutz (bei dem die Holzfeuchte ein bestimmtes Niveau nicht überschreiten darf) erübrigt chemische Behandlungen.
Langlebigkeit und Resistenz etwa gegen Pilzbefall können auch auf verträglichem Wege erreicht werden – und selbst dann können Sie Holzelemente im Haus auch mit natürlichen Alternativen schützen.
Tonziegel
Ziegelsteine haben sich fortlaufend als ökologisches Material für das Mauerwerk erwiesen, dank des technischen Fortschritts fällt die Wahl sogar noch leichter: Heute können Ziegel gebrannt werden, die über hochdämmende Eigenschaften verfügen, dabei leicht sind und trotzdem große Lasten tragen können.
Im modernen Massivhausbau werden Ziegel deshalb häufiger anstelle von Leichtbetonsteinen verwendet.
Kalksandstein
Damit aus ungelöschtem Kalk der Kalksandstein für die Hausmauern entstehen kann, braucht es ein mehrstufiges Herstellungsverfahren und entsprechend mehr Energie als bei anderen technischen Werkstoffen.
Die Eigenschaften des Kalksandsteins sprechen aber für sich: gute Dämmwerte, hohe Wärmespeicherkapazität und hervorragende Schalldämmwirkung.
Lehmsteine
Ein weiterer natürlicher Baustoff, der dank technologischer Neuerungen verbessert werden konnte. So eignen sich die Lehmsteine nicht nur für die Ausfachung von Holzskelettbauten, sondern genauso für selbsttragende Wände. Die Steine werden dazu mit Lehm-Mörtel verbunden.
Strohballen
Auch wenn es anders wirken mag, ist Stroh in gepresstem Zustand enorm tragfähig. Zudem ist es durch das Verpressen ähnlich feuerfest wie Holzbalken und wird in Deutschland auch als „normalentflammbar“ deklariert.
Das Dach
Die Eindeckung des Daches bietet ebenfalls diverse Möglichkeiten an ökologischen Baustoffen.
Schiefer
Nur wenige Verarbeitungsschritte sind notwendig, um aus Schiefer Dachschindeln zu fertigen. Denn das ist gewissermaßen bereits in Schichten „gewachsen“.
Diese müssen nur noch zerteilt und zu Schindeln geformt werden. Daraus entsteht eine langlebige Eindeckung, die allerdings naturgemäß nur eine Farbgebung kennt: Schiefergrau.
Tonziegel
Sie
werden genauso hergestellt wie die gleichnamigen Mauersteine. Dabei haben Sie
als Verbraucher die Wahl, ob Sie den naturbelassenen Rotton mögen oder eine
andere Farbgebung bevorzugen – farbige Glasuren machen das problemlos möglich.
Holzschindeln
Sie bestehen nur aus gespaltenem oder gesägtem Holz. Das ergibt nicht nur einen sehr natürlichen Look, sondern benötigt zur Herstellung kaum Energie.
Für höchste Langlebigkeit braucht es aber eine gewisse Dachneigung und gute Belüftung. Unter günstigen Voraussetzungen halten die Holzschindeln über Jahrzehnte.
Die Wärmedämmung
Wärmedämmung ist ein Gewerk, das auf eine besonders große Auswahl von Naturmaterialien zurückgreifen kann.
Das liegt daran, dass es letztlich nur darauf ankommt, möglichst viele Lufteinschlüsse entstehen zu lassen, um Wärmeverluste auf ein Minimum zu reduzieren. Die lange Liste möglicher Baustoffe umfasst beispielsweise:
- Flachs aus der Flachspflanze
- Hanffasern
- Jute aus zerkleinerten Säcken, die aus der Kakao- und Kaffeeproduktion stammen.
- Kokosfaser aus zermahlenen Kokosnusshüllen. Sie ist wegen der weiten Transportwege aus ökologischer Perspektive allerdings umstritten.
- Kork aus der Korkeiche
- Stroh aus Weizenpflanzen
- Wiesengras aus vergorenem und getrocknetem Gras
- Zellulose aus zermahlenem Altpapier
Um die Brandsicherheit bei der Verwendung dieser Stoffe zu gewährleisten, müssen sie alle mit Borsalzen behandelt werden. Erhältlich sind die natürlichen Dämmmaterialien entweder als Schütt- bzw. Einblasdämmung oder als feste Dämmwolle.
Die Wandverkleidung und -verzierung
Um nackte Wände ganz nach Ihren Vorstellungen gestalten und gleichzeitig ökologische Ansprüche erfüllen zu können, haben Sie mittlerweile die Wahl aus einer Vielzahl unterschiedlicher Alternativen: von verschiedenen Putzen über Bauplatten bis hin zu den Farben.
Gipskartonplatten
Der Klassiker des Trockenbaus ist wegen seiner hohen Recycelbarkeit ein überaus ökologischer Baustoff. Denn Gips wird nur deshalb vom Pulver zum festen Stoff, weil das Wasser zum Anmischen zu „Kristallwasser“ wird.
Wird abgebundener Gips wieder zermahlen und bei 110 Grad Celsius getrocknet, entweicht das Kristallwasser wieder – damit kann praktisch Gips praktisch unendlich recycelt werden.
Zudem ist heutiger Industriegips größtenteils ein Abfallprodukt aus Rauchgasentschwefelung, Abwasserklärung und der Chemieindustrie.
Lehmbauplatten
Sie entstehen ähnlich wie Lehmsteine durch simples Formen und Trocknen, werden aber zur Erhöhung der Festigkeit noch stärker mit Pflanzenfasern vermischt. Auf diese Weise lassen sie sich genauso wie Faserholz- oder eben Gipskartonplatten einsetzen und gelten als besonders förderlich für das Raumklima.
Lehmputz
Einer der Gründe für die Beliebtheit von Lehm als ökologisches Baumaterial liegt in seiner Vielseitigkeit: Prinzipiell ist er für alles zwischen Mauerwerk und Farbauftrag als Grundstoff zu gebrauchen.
Zum Beispiel als Putz, sowohl in klassisch aufgetragener Form wie auch gerollt und gestrichen. Dieser Putz besteht nicht allein aus Lehm, sondern beinhaltet zusätzlich Zellulosefasern, teilweise werden auch Sand und Ton in zermahlener Form beigemengt.
Je nach Anbieter ist es zudem möglich, das pulverförmig verkaufte Ausgangsmaterial mit (natürlichen) Pigmenten zu vermischen und so direkt die Wandfarbe zu steuern. Auf diese Weise sparen Sie sich den Anstrich.
Kalkputz (auch: Sumpfkalk)
Er entsteht, indem simpler (ätzender) Branntkalk mit Wasser vermischt und somit gelöscht wird. Durch die Aufnahme von Kohlendioxid aus der Umgebungsluft härtet er aus und entsteht ein besonders diffusionsoffener Putz, der durch seinen chemischen Aufbau unbedenklich für Mensch und Tier ist.
Auf Schimmelsporen hingegen wirkt der Kalkputz giftig. Unabhängig von der Luftfeuchtigkeit sterben die Sporen bei Kontakt ab.
Dabei kann Kalkputz je nach Klasse auch als Anstrich eingesetzt werden. Grundsätzlich – also unbehandelt – sorgt er für ein leuchtendes Reinweiß. Es ist aber durchaus möglich, Farbpigmente beizumengen, allerdings nur bis zu einem Anteil von 10 Prozent. Das beschränkt die Farbpalette vornehmlich auf Pastellfarben.
Kaseinfarbe
Sie nutzt ausschließlich aus der Milchherstellung gewonnenes Kasein – der Hauptbestandteil von Milch. Das wird getrocknet, zu einem Pulver zermahlen und anschließend durch Zugabe von unter anderem Hirschhornsalz wasserlöslich gemacht.
Nach dieser Vorbehandlung benötigt es nur noch Pigmente sowie Wasser und Kreidepulver (oder ein ähnliches Andickungsmittel) und es entsteht eine Wandfarbe, die sich ähnlich wie normale Dispersionsfarbe verarbeiten lässt.
Dabei hat die Kaseinfarbe neben der Natürlichkeit vor allem den Vorteil, dass sie die Pigmente sehr stark leuchten lässt. Das liegt an der beim Aushärten entstehenden Struktur der Kaseinkristalle. Die Kaseinfarbe ist daher empfehlenswert, wenn sehr intensive Wand-Farbtöne gewünscht sind.
Damit sie nicht nur im Innenraum verwendet werden kann, muss die Farbe mit Löschkalkpulver vermengt werden. Das sorgt für die nötige Witterungsbeständigkeit, um sie auch für Außenanstriche zu nutzen.
Leinöl(farbe)
Das Öl der Flachspflanze nennen wir hier stellvertretend für eine ganze Reihe weiterer Pflanzenöle. Es dringt je nach Lösemittel/Herstellungsart oberflächlich bis tief in die Holzfaser ein.
Dadurch tritt die Maserung deutlich hervor und das Holz bleibt vor Feuchtigkeit geschützt, kann aber gleichsam auch noch „atmen“.
Für einen besonders langen Schutz kann Leinöl mit anderen Naturölen vermischt und zu sogenanntem Hartöl werden. Das ist nur während des Auftrags dünnflüssig und vermag in die Fasern einzudringen. Dort härtet es dann noch stärker aus als Leinöl und bietet so einen sehr langlebigen Holzschutz.
Werden in das Leinöl öllösliche Farbpigmente hinzugemischt, entsteht zudem auch eine natürliche Ölfarbe, die je nach Pigmentdichte sowohl lasierend wie deckend eingesetzt werden kann.
Bienenwachs
Das Wachs von Bienen können Sie mit minimalem Aufwand verwenden: Auf Holz erwärmt, können Sie es beispielsweise in flüssigen Zustand verteilen, es dringt dann gut in die Poren ein.
In ökologisch unbedenklichen Schutzanstrichen ist dieser Arbeitsschritt bereits getan, das Bienenwachs also schon im Anstrich gelöst. In diesem Fall lässt es sich genauso verarbeiten wie jede andere Lasur.
Daneben hat Bienenwachs den zusätzlichen Vorteil, dass es sich unglaublich einfach ausbessern lässt. Wie beim Öl müssen sie allerdings die Konsequenzen einer Entscheidung für die Verwendung von Bienenwachs bedenken: Einmal genutzt, haben Sie keine Möglichkeit mehr, zu einem anderen Material zu wechseln. Denn auf einem einmal mit Wachs (oder Öl) behandelten Untergrund haften andere Aufträge nicht mehr.
Ökologische Alternativen für alle Einsatzzwecke
Die Möglichkeiten ökologischer Baustoffe enden mit diesen Beispielen keineswegs. Für jeden Einsatzzweck können Sie inzwischen eine umweltverträgliche Alternative finden, die gleichzeitig auch Ihnen zu Gute kommt. Weitere Baumaterialien, die diesen Ansprüchen genügen sind etwa:
- Kork, sowohl als Wandverkleidung wie auch als Fußbodenmaterial
- Holz in Form von Massivparkett und Dielen
- Naturleim (etwa Knochenleim) zur Verbindung von Holzbauteilen
Zudem gehen die Entwicklungen auch im Bereich der Kunststoffe ständig voran, so dass zukünftig die sonst üblichen, erdöl-basierten Kunststoffe durch Varianten auf biologischer Basis ersetzt werden könnten.
Als ein vielversprechendes Produkt gilt die sogenannte Polymilchsäure, aus der PLA-Kunststoff entsteht.
Er ist ebenfalls spritzgussfähig und zudem schlagzäh, nichtleitend und wärmebeständig. Deshalb rückt er aktuell verstärkt als unbedenkliches Material für die Produktion von Elektrotechnik in den Fokus.
Nicht unwahrscheinlich also, dass die Forschung in dieser Hinsicht für weitere, ökologisch verträgliche Neuerungen sorgen wird.